Immer öfter, vor allem durch Kickstarter, erleben wir es, dass Kleinst-Verlage richtig gute Spiele rausbringen.
Auch bei unserem heutigen Spiel ist das wieder so. Mikugames ist ein kleiner Finnischer/Schwedischer Verlag der der wargaming-Welt schon ein paar tolle Spiele geliefert hat. Seine Finish-Trilogy ist leider nur in einem sehr kleinen Printrun erschienen hat aber soweit ich das mitbekommen habe durchweg positive Bewertungen bekommen und wird mittlerweile zu Liebhaberpreisen gehandelt, wenn Ă¼berhaupt.
Leider hat Miku, der Chef, angekĂ¼ndigt dieses Jahr wahrscheinlich seinen Verlag aufzugeben, da die Kosten zu hoch sind fĂ¼r das was reinkommt.
Sowas finde ich ja immer sehr schade vor allem wenn derjenige wirklich gute Sachen abliefert. Und das schlimmste bei seiner AnkĂ¼ndigung war, dass er die Restbestände seines aktuell einzig verfĂ¼gbaren Spiels dann vernichten wird. Sorry, das geht gar nicht.
Also habe ich mir ein Herz und meine Kreditkarte gefasst und schnell eine Ausgabe von Tornio ’44 gerettet.
Tornio ‘44 von Mikugames
beschäftigt sich mit dem Lapplandkrieg und dem unfreiwilligen RĂ¼ckzug der Wehrmacht aus Finnland nachdem die Finnen die Seiten gewechselt und sich gegen ihren einstigen VerbĂ¼ndeten gewandt haben.
Das Spiel kommt in zwei AusfĂ¼hrungen daher, einmal als ganz normales boxed game und einmal als gĂ¼nstigeres Folio game, in einem Ziplock-Beutel ohne Schachtel und WĂ¼rfel.
Das Material ist von hoher Qualität. Die Tokens sind zwar etwas dĂ¼nn, aber stabil, schön bedruckt und klar zu erkennen. Das Regelbuch und die Spielhilfen kommen in einem kleinen Pappschuber und sind grafisch ordentlich und Ă¼bersichtlich gestaltet. Die Pappe der Spielhilfen sind etwas dĂ¼nn aber dennoch standard. Da habe ich in teureren Spielen schon minderwertigeres gesehen.
Zusätzlich gibt es noch fĂ¼r jeden Spieler einen Bogen auf dem man seine Einheiten auslagern und organisieren kann.
Aber das eigentliche Highlight ist die Karte. Das Design ist echt schön, sehr klar und eindeutig und die Karte, obwohl paper map, ist dennoch ordentlich stabil.
Vom Grundprinzip haben wir ein hex and counter wargame mit company scale und buckets of dice… wait… what?
Richtig gelesen, auch wenn das Spiel sehr klassisch aussieht haben wir keine CRT sondern wir ermitteln das Verhältnis von Agreifer zu Verteidiger und dann wird dementsprechend gewĂ¼rfelt. Wenn zwei grĂ¶ĂŸere Stapel aufeinander treffen wird das mit einbezogen.
Bsp: 4 Einheiten verteidigen 6 Einheiten greifen an, die Angreifer kommen auf ein Verhältnis von 4:1, dann darf der Verteidiger 2 WĂ¼rfel (4 Einheiten / 2) wĂ¼rfeln und fĂ¼r den Angreifer wird diese Zahl entsprechend dem Verhältnis multipliziert. Sprich der Angreifer wĂ¼rfelt in unserem Beispiel 8 WĂ¼rfel.
AuĂŸerdem gibt es fĂ¼r den Verteidiger exploding dice, bei jeder gewĂ¼rfelten 5 oder 6 darf ein weiterer WĂ¼rfel gewĂ¼rfelt werden.
Das Ergebnis der WĂ¼rfel wird addiert und das ergibt eine Punktzahl die das GegenĂ¼ber dann entsprechend auf seine Einheiten anwenden kann.
FĂ¼r 4 Punkte nimmt eine Einheit einen step loss hin, fĂ¼r 2 ist eine Einheit broken Level 1, fĂ¼r weitere 3 broken Level 2, ein RĂ¼ckzug kostet 2, in Panik verfallen kostet 3.
Klingt abgefahren, funktioniert aber erschreckend gut und flĂ¼ssig.
Auch irgendwie besonders ist die ArtillerieunterstĂ¼tzung. Die Einheiten haben relativ hohe Reichweiten und sind somit sehr flexibel einsetzbar und machen richtig Laune.
In meinen Augen funktioniert das Spiel hervorragend. Die Regeln sind super geschrieben und echt einfach zu verstehen.
Aber leider hab ich auch ein paar Anmerkungen die mir nicht so gut gefallen.
Einheiten sind in Tornio sehr mobil, so lange sie sich auf der StraĂŸe bewegen. Da kann schon mal die ganze Karte in 2 Runden Ă¼berquert werden. Dennoch fĂ¼hlt sich das Spiel ziemlich statisch an. Das ist vermutlich den groĂŸen Counterstacks geschuldet, denn hier dĂ¼rfen in einem Kampf 10 Einheiten auf jeder Seite mitmischen und noch schlimmer, während der Bewegung ist dieses stacking limit auĂŸer Kraft gesetzt. So kommt es nicht selten zu der Situation, dass zwei Stapel sich gegenseitig bedrohen und dabei so lange aufgeblasen werden bis es nicht mehr weiter geht… tja und dann gibt es ordentliches Bombardement und hoffentlich den Angriff ansonsten kann das noch etwas weitergehen.
Trotz der geringen Komplexität ist Tornio ’44 leider auch eher ein langes Spiel. Da hätte etwas kĂ¼rzeres irgendwie besser gepasst. (Ă„hnlich wie bei Frederick von Vuca Simulations, das perfekt fĂ¼r ein schnelles Schlachten wäre aber dann leider doch mit vielen Stunden Spieldauer daherkommt.) Vielleicht hätte da ein kĂ¼rzeres Szenario noch geholfen.
Vom Spielverlauf her ist das Spiel aber sehr swingy, sprich der aktuelle Status ändert sich so schnell und oft, dass man bis zum Schluss nicht 100%ig sagen kann wer gewinnen wird.
Alles in allem fĂ¼r mich ein sehr schönes Spiel, das vor allem auch fĂ¼r den Preis und bei der Geschichte ein bisschen UnterstĂ¼tzung verdient hat.
Und vielleicht sehen wir doch noch irgendwann ein weiteres Spiel von Mikugames (welches sich momentan sogar in der Entwicklung befindet).
Roll One – A Board Game Story  Der Wöchentliche Blog Roll One – A Board Game Story, erscheint jeden Mittwoch neu, geschrieben von Mr.Schnizzl